Christoph Hardt: Vor ziemlich genau zehn Jahren ist der erste Siemens-Newsroom in Betrieb gegangen. Dass das Thema heute noch so aktuell ist, das ist ein Zeichen. Und zwar ein Zeichen, dass dieses Gesamt-Thema – wie ich eine Kommunikation offen und dynamisch gestalten kann, damit sie der Dynamik der Außenwelt und der Veränderung der Kommunikationswelt gerecht werden kann – weiterhin hohe Relevanz hat. Und das zeigt auch die Herausforderung: Der Newsroom ist ein Dauerprojekt. Es geht dabei darum, die Bedingungen zu schaffen, um Teams in einer dynamischen und offenen Atmosphäre auf veränderte Kommunikationsmuster hin organisieren zu können. Insofern ist es erstaunlich, dass noch so viele Unternehmen oder Organisationen sich überlegen, ob sie einen Newsroom brauchen. Ja, wir brauchen so etwas! Und die, die das nicht brauchen, denen ist sowieso nicht zu helfen. Oder sie haben andere Agenden. Eine schöne Geschichte möchte ich erzählen, und dann erzähle ich noch eine andere Geschichte. Es gab einen neuen Chef bei einem Arbeitgeber, für den ich jetzt nicht mehr arbeite. Den bat ich, einen Re-Tweet zu machen zu einem Online-Preis, den der Newsroom der Organisation eingeheimst hat, und zwar gleich doppelt-, den ersten Preis-, was echt ein toller Erfolg war. Und das war im Sommer 2021. Da kriegte ich von dem Vorstand die Botschaft, "Ich kann das Wort Newsroom nicht mehr hören." Das war insofern bezeichnend, als der Vorstand auf der anderen Seite hohes Interesse daran hatte, sich auf Twitter wiederzufinden und in möglichst vielen digitalen Konstellationen. Aber er hatte kein Interesse am Newsroom, weil ihm eben Twitter gereicht hat, oder eine Dauerpräsenz in irgendwelchen Videoformaten. Dass das aber nicht reicht, finde ich, ist sehr bezeichnend und auch ganz eindeutig. Wir brauchen also dieses Miteinander, dieses offene Agieren in einer möglichst offenen Umgebung. Das andere Bild entsteht beim Stichwort Pressestelle: Das war bei Siemens, etwa im März 2012. Dieser große, neue Siemens-Newsroom war etabliert. Wir hatten diesen Riesentisch mit diesem gigantischen Screen aufgebaut, weil es ja großes Theater sein musste. Es sollte wirken! Und die Pressestelle, die alte Siemens-Pressestelle, ist eins zu eins mit dem gleichen oder demselben Personal in diesen Newsroom gewechselt und hat in diesem Newsroom, obwohl in der offenen Umgebung, dieselben Verhaltensmuster und Mechanismen praktiziert, wie vorher auch. Wenn man Separatkulturen von Kommunikation nicht durchbrichst, dann klappt es nicht mit dem Newsroom.